Erlebnisse abseits vom Tourismus
Wenn man in fremde Länder oder Städte reist möchte man in der Regel auch in das dortige Leben und die Kultur eintauchen. Doch gerade wenn man die gängigsten Sehenswürdigkeiten besucht, findet man überwiegend andere Touristen, die das gleiche Ziel haben oder Einheimische, die ihr Geld mit dem Tourismus verdienen. Natürlich besuche auch ich beim ersten Besuch in einer Stadt zunächst die bekannten Spots und ich finde es immer wieder toll, mir vorher nur über die Medien bekannte Plätze wie den Eiffelturm in Paris, das Marina Bay Sands in Singapur oder den Times Square in New York nun in der Realität anschauen zu können. Doch findet man das oben angesprochene „echte Leben“ in den seltensten Fällen an diesen Orten.
Daher versuche ich auf Reisen wann immer es geht eine Sportveranstaltung zu besuchen. Denn gerade beim Sport findet man viele Einheimische, die zu ihrem Lieblingsverein gehen und erhält zudem oft noch einen guten Einblick in die dortige Mentalität. Nehmen wir als Beispiel einfach mal die deutsche Hauptstadt Berlin. Kaum ein Tourist wird beim Besuch in Berlin das Brandenburger Tor auslassen und deshalb findet man vor Ort vor allem eins: Touristen. Gebürtige Berliner werden am Tor allenfalls vorbeifahren oder solche Plätze sogar meiden. Wie wäre es alternativ mit dem Besuch eines Fußballspiels? Bei einem Spiel des 1. FC Union Berlin in Köpenick wirst Du mit sehr großer Wahrscheinlichkeit viel mehr vom echten Berlin sehen und fühlen als an jeder Sehenswürdigkeit der Stadt aus dem Reiseführer. Und ähnliches lässt sich einfach auf das Reisen im Ausland ableiten.
Fußball in Argentiniens 3. Liga
In Argentinien habe ich während meines Aufenthalts im Nordwesten des Landes in der Stadt Salta ein Spiel des lokalen Vereins Gimnasia y Tiro besucht, der in der dritten argentinischen Liga spielt. Fußballerische Höchstleistungen sucht man hier vergebens, dennoch war der Abend absolut sein Geld wert (der Eintritt betrug auf der Haupttribüne gerade einmal 10 €). So saß ich auf meinem Platz inmitten der Argentinier, neben mir ein ca. 70 jähriger Heimfan, der nahezu jeden anderen Gast auf der Tribüne mit Handschlag begrüßte und während des Spiels jede Szene (zu mir gerichtet) emotional kommentierte und dabei wild gestikulierte. Ich verstand maximal 5 von gefühlt 5000 Wörtern pro Minute und nickte nur zustimmend in seine Richtung. Dennoch oder gerade deshalb war es eine interessante Erfahrung und ich konnte die argentinische Leidenschaft live miterleben. Am ganzen Abend habe ich unter den anwesenden Zuschauern keinen anderen europäisch aussehenden Zuschauer erkennen können.
Sport im Olympiastadion Phnom Penh
Dass man gar nicht unbedingt zu einer Veranstaltung gehen muss um diese Erlebnisse zu haben, zeigt mein Beispiel aus Kambodscha. In der Hauptstadt Phnom Penh habe ich mich aus reinem Interesse an dem Stadion mit einem Motortaxi zum dortigen Olympiastadion fahren lassen und kam dort ohne große Erwartungen an. Das Stadion hat seine besten Tage längst hinter sich, ist aber nach wie vor ein sehr beliebter Ort für die Einheimischen. Als ich ankam sah ich dann bereits hunderte Einheimische vor dem Stadion Fußball und Basketball spielen, im Stadion selbst wurde ebenfalls Fußball gespielt und auch auf den Tribünen haben viele Leute Sport gemacht. Als dann plötzlich auf den obersten Stufen über das ganze Rund verteilt eine Aerobic-Stunde mit tosender Musik aus den alten und völlig übersteuerten Lautsprechern losging, traute ich meinen Augen und Ohren nicht mehr. Dieses Erlebnis war vor allem deshalb so schön, da es so „echt“ war. Kein für die Touristen aufbereiteter Ort, sondern das wahre Leben inmitten der Einheimischen. Ich weiß nicht ob es im Stadion mehrmals die Woche so zugeht, aber diesen Sonntagabend im November werde ich so schnell nicht vergessen.
Natürlich hängt es stark davon hab wo und wann man sich eine Sportveranstaltung anschaut. Ein Besuch eines Spiels von Red Bull New York wird dich vermutlich weniger von der Authentizität schwärmen lassen als es ein lokales College-Basketballspiel tun könnte. Dennoch kannst Du bei deiner nächsten Reise ja mal die Augen und Ohren nach einer interessanten Veranstaltung offen halten und erlebst vielleicht ähnlich schöne und ehrliche Momente.
Hast Du bereits vergleichbare Erfahrungen gemacht? Oder einen besonders heißen Tipp zu diesem Thema?
Kai
Norddeutscher im Schwabenland mit einer Leidenschaft für Reisen, Fotografie und Digitale Medien. Dieser Blog ist meine persönliche Spielwiese.
Weitere Artikel
10. März 2016
Filmkritik: „Hyperborea“
Jannis und sein Kumpel Joel machen sich nach dem Abi per Anhalter auf den Weg zum Nordkap.
13. Juli 2015
HORADS 88,6: Radio-Interview Singapur
Im Rahmen des Auslandsmagazins "Und weg!" des Radiosenders HORADS 88,6 habe ich als Gast einige Fragen rund um Singapur beantwortet.
4. Mai 2015
Filmkritik: „Pedal the World“
Felix Starck machte sich mit seinem Fahrrad auf in die Welt und legte 18000 km zurück. Wie mir seine Dokumentation zur Reise gefällt verrate ich im Artikel.